Triglachromis otostigma, der Tanganjika-Knurrhahn

  • Seit ich den Artikel von Heinz Büscher in den DCG-Informationen 10/2021 gelesen hatte, war es ein großer Wunsch, einmal Triglachromis otostigma zu pflegen. Dass die Tiere nichts für mein großes Gesellschaftsbecken sind, war mir schnell klar.

    Jetzt wurde allerdings ein 150x40x50 Becken frei und für diese Art eingerichtet. Hatte darüber schon an anderen Stelle berichtet, will die Entwicklung aber in einem eigenen thread fortführen.


    Hier zur Erinnerung noch mal das hardscape mit viel Sand, Kunstoffröhren, Steinen und Pflanzen in Blumentöpfen als Reviergrenzen.


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    7 Stunden Autofahrt gestern in den äußersten Westen der Republik und die Tiere persönlich abgeholt (danke Thomas !!!). Abends um 10 endlich Wasser angeglichen und die 6 Tiere (3/3) eingesetzt. Die verschwanden gleich in ihren Röhren und wurden nicht mehr gesehen.


    Am anderen Morgen staunt ich nicht schlecht. Das Becken sah irgendwie anders aus. Jeweils 2 Tiere saßen in den drei getrennten Bereichen mit eigenen Röhrensystemen und hatten angefangen das Becken nach ihren eigenen Vorstellungen umzugestalten.

    Da wird auch schnell klar, warum es völlig sinnfrei gewesen wäre, die Pflanzen nicht in relativ große Töpfe zu pflanzen, sondern direkt in den Boden zu stecken.

    Die 2 folgenden Bilder zeigen den gleichen Beckenausschnitt gestern Abend und heute morgen.


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    Den Tag über waren die Tiere nicht zu sehen, lugten nur ab und zu mal aus einer Röhre heraus und taten ganz unschuldig, als hätten sie mit den Baggerarbeiten nix zu tun.


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    Erst als es Futter gab, kamen sie aus ihren Löschern und fraßen gierig Spirulina-reiches Flockenfutter. Dabei wehrten sie sich energisch gegen Attacken von oben durch Paracyprochromis-Männchen und zeigten deutlich, wer nun die Herrschaft am Boden hat.


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    Bin sehr gespannt, wie es weiter geht. Werde berichten.

  • Thomas M.

    Hat das Thema freigeschaltet.
  • Noch ein paar Infos zu Triglachromis otostigma

    Eins vorab: Thomas hat schon 2013 ein ganz tollen Sendung-mit-der-Maus-Bericht über den Tanganjika-Knurrhahn geschrieben, den ich mittlerweile fast auswendig kenne.


    Möchte die Infos aufgreifen und um ein paar aktuelle Informationen und Bilder ergänzen.

    Warum wird Triglachromis otostigma Tanganjika-Knurrhahn genannt?

    Wie auch der echte Knurrhahn, Trigla mit wissenschaftlichem Namen, zeigt T. otostigma im unteren Bereich der tiefangesetzten Brustflossen freiliegende, nicht mit einer Membrane verbundene Flossenstrahlen und ähnelt so dem echten Knurrhahn.


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    Lange Zeit wurde vermutet, dass diese Flossenstrahlen Sinneszellen enthalten, die bei der Nahrungssuche helfen, was aber bis heute nicht bewiesen ist. Büscher (2021) hat die Tiere im See bei der Nahrungssuche beobachtet und nimmt an, dass sie als Rechen dienen könnten, um den Schlamm aufzuwirbeln. Möglicherweise reduzieren sie auch beim Rückwärtsschwimmen den Wasserwiderstand.


    Laut neueren Untersuchungen ist T. otostigma nicht in der Lage, Geräusche durch Vibrationen der Schwimmblase zu erzeugen.
    Obwohl Thomas meinte die Tiere machen beim Herausfangen Geräusche. Vielleicht Flatulenzen.


    Wusstet Ihr eigentlich, dass pupsende Heringe in der Ostsee, deren Sonar-Geräusche die Schweden als russische U-Boote identifizierten, in den 80igern fast einen bewaffneten Konflikt zwischen Nato und UDSSR ausgelöst hätten? Nicht, dass irgendwann der BND vor meiner Tür steht.

    Die Mär vom Tiefwasser-Cichliden

    Lange Zeit wurde vermutet, dass die Tiere in großer Tiefe im See (Obergrenze 30 Tiefenmeter) leben. Wie bei einigen anderen vermeintlichen sogenannten Tiefencichliden ist jedoch nicht die Tiefe ausschlaggebend für ihr Vorkommen, sondern artspezifische Anforderungen an die Beschaffenheit des Habitats – und die können wie bei T. otostigma bereits wenige Meter unter der Oberfläche erfüllt sein. So wurde der Knurrhahn im Bereich von Flussmündungen schon in 3 m Tiefe gefunden.

    Leben auf Schlamm

    Die Tiere leben auf einem verdichteten Bodengrund aus Schlamm oder feinem Sand und graben dort Löcher und Höhlen und bauen Burgen. Stellenweise liegen die Bauwerke dicht an dicht über Hunderte von Quadratmetern. Manche sehen aus wie ein Gugelhopf mit einem konzentrischen Graben drum herum. Manchmal sind es einfache Röhren mit einem oder mehreren trichterförmigen Eingängen. Alle Bauformen kommen nebeneinander vor, so Büscher.
    Es ist noch ungeklärt, ob die Unterschiede am Bodengrund liegen oder einzelne Paare unterschiedlich bauen.


    Hatte heute Kontakt mit Heinz und er hat freundlicherweise die Erlaubnis gegeben, ein paar seiner Bilder zu verwenden. Habe sie vorsichtshalber mit einem Wasserzeichen versehen, damit sie nicht durchs Internetz vagabundieren.


    02 2 Bau 2 Gugelhupf weit 1295_1_2.jpg  03 19 Bau Löcher weit 1 JT 1275_2_1b .jpg06 11 Bau Gugelhupf und Loch 2 Tiere weit 1295_2_2.jpg


    Von einem Tanganjika-Fan aus Berlin bekam ich den Tipp, Kinetic-Sand für die Einrichtung des Beckens zu verwenden, dann hätte man sich das Einbringen von Röhren sparen können.
    Leider etwas teuer: Ich habe 50 Liter, etwa 80 kg Sand eingebracht, bei einem Kilo-Preis von mehr als 10 Taler wäre da ne Menge wären da fast 1000 € zusammen gekommen.

    Nahrungsaufnahme

    Thomas hatte es schon erwähnt: bei der Nahrungsaufnahme schwimmen die Tiere häufig rückwärts. Auch Büscher beschreibt dieses Verhalten bei der Beobachtung im See.

    Auch ich konnte das schon bei meinen Tieren beobachten. Der Kopf ist leicht nach unten geneigt, die Bauchflossen sind angelegt und die freien Flossenstrahlen der Brustflossen berühren den Sand.


    triglachromis-ostostigma-pierdzig-2023-02-07 21-52-17b-beschriftung.jpg


    Hat der Fisch was Interessantes gefunden, schwimmt er wieder nach vorne und nimmt das Futter auf. Ganz spannend zu beobachten.

    Speiseplan

    Die Tiere sind Detritusfresser. Laut Untersuchungen von Büscher fressen die Tiere Pflanzenteile, Diatomeen, Copepoden, Garnelen, Insektenlarven, Ostracoden (Muschelkrebse) sowie nicht näher einzuordnenden Detritus. Sie sind also keine ‚Schlammfresser‘, wie vielfach kolportiert wird.


    Im Aquarium sind die Tiere gierige Fresser und nehmen alles, was angeboten wird. Da sie eine hohe Darmlänge (viel unverdauliches auf dem Speiseplan) aufweisen, gebe ich viel Spirulina-reiche Kost.


    Sind die Tiere gerade mal nicht mit Fressen beschäftigt, stehen sie ruhig, auf die Brustflossen gestützt, auch längere Zeit auf einer Stelle. Die Brustflossen sind dabei waagerecht gestellt.


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    Geschlechtsunterschiede

    Meine Tiere sind etwa 8 cm groß. Männchen und Weibchen sind gleich gefärbt, an der Flossenform sind sie nicht zu unterscheiden. Bei adulten Tieren zeigen die Mädels im Unterschied zu den Jungs schwarz gefärbte erste Strahlen der Rückenflosse. Thomas, der die Tiere bereits erfolgreich nachgezogen hat, schreibt, dass sich dieses Unterscheidungsmerkmal ab einer Größe von 6 cm herausbildet.


    triglachromis-ostostigma-pierdzig-2023-02-07 21-54-44b.jpg  triglachromis-ostostigma-pierdzig-2023-02-07 21-55-41.jpg

    links Weibchen, rechts Männchen

    Vermehrung: biparentale ‚Höhlen-Maulbrüter‘

    Anders als Thomas habe ich nach ein paar Tagen natürlich (noch) keine Erfahrung damit, hoffe aber, dass ich auch darüber irgendwann berichten kann.


    Angeblich werden von den Tieren, die eine feste Paarbindung eingehen, bis zu 250 Eier abgesetzt, die bereits nach einem Tag an das Männchen übergeben werden können. Und auch danach regelmäßig, auch teilweise, übergeben werden.


    Maulbrüten in einer Höhle hat nur Vorteile: Brut und Eltern sind in ihrer Schlammhöhle geschützt, die Eltern können abwechselnd oder gemeinsam auf Nahrungssuche gehen. Wichtig gerade in Habitaten mit geringem Nahrungsangebot. Büscher bezeichnet das als ‚erweitertes Maulbrüten‘, was sonst nur noch von Greenwoodochromis und Limnochromis bekannt ist.


    Fortsetzung folgt ...

  • Das Problem ist, sie werden, soweit ich weiß, in Deutschland zur Zeit nicht (mehr) angeboten. Thomas Engel hatte noch 10 Stück, die ich alle genommen hätte, wenn nicht schon 4 versprochen gewesen wären.

    Im Dezember hatte Marta noch WF auf ihrer Stockliste.

    Frage:

    Gibt es im Forum noch jemanden, der aktuell die Tiere hält? Bitte melden, bin für Tipps immer dankbar.

  • Sehe es nicht unbedingt als Herausforderung, Alex. Mein erster Eindruck ist, dass die Tiere recht robust und pflegeleicht sind. Sind meist paarweise zugange, wuseln auf der Suche nach Nahrung aber auch in der 6er-Gruppe durchs Becken..


    Um die Einrichtung des Beckens muss man sich auch keine großen Gedanken machen, das übernehmen sie selber. Es sollte nur alles sicher auf dem Beckenboden stehen, damit es nicht untergraben werden kann.

    Man muss halt damit leben können, dass ein durch den Halter sorgfältig geplantes hardscape durch die kleinen Baumeister komplett umgestaltet wird.


    Reiner - zur Info: die Blumentöpfe sind zu klein ;) Einen haben sie schon vergraben.

  • Ich werd mal für einen „Pflanz Kurs“ vorbei kommen. :joint:

    In dem Fall zieht man die Valisnerien einfach etwas nach oben

    Ausgebuddelte setzt man mit ner langen Pinzette da hin wo die Fische eine Ablade für Sand geplant haben. Ist etwas frickelig am Anfang , aber mit der Zeit geht es gut.


    Ich würde mich freuen wenn Ani sich mal an die Tiere wagt und ein Höhlensysteme für die Tiere töpfert. Unterschiedliche Module um zu sehen welche sie am ehesten annehmen. Welche mit einem Ausgang, andere mit zwei Ausgängen, gebogene Röhren, gerade Röhren.

    Unterschiedliche Durchmesser vielleicht, unterschiedliche Trichter Öffnungen ……..

    Gibt es hellen Ton ?

    Gruß Reiner


    P.S. Es gibt Selbsthilfegruppen für Menschen die mit mir zu tun haben

  • ... ein Höhlensysteme für die Tiere töpfert.

    Röhren aus Ton, das wär natürlich klasse Reiner. Habe lange danach gesucht in passender Größe, bin aber nicht fündig geworden.
    Aber was man hätte machen können: die Röhren mit Epoxidharz streichen und besanden. Das wird noch ein langer schwerer Winter, vielleicht mache ich das noch ...